Ludwig Hofer aus Weißen präsentierte seine Chronik von Rieder und seinen Weilern im Hartmannhaus

Gespannte Aufmerksamkeit herrschte unter den zahlreichen Zuhörern im Hartmannhaus, als Ludwig Hofer aus Weißen dort seine von ihm verfasste Chronik von Rieder vorstellte. Auch viele Marktoberdorfer – einschließlich Emilie Eigler - waren gekommen, um von der ereignisreichen Geschichte des heutigen Ortsteils zu erfahren.

Ludwig Hofer, vor über 70 Jahren in Weißen geboren, wurde die Heimatliebe quasi in die Wiege gelegt. Als Landwirt lebte er immer in und mit der Natur und blieb seinem Geburtsort sein ganzes Leben lang treu. Viele seiner Vorfahren waren Gemeindebevollmächtigte oder sogar Bürgermeister – so wurde innerhalb der Familie Hofer schon immer viel Geschichte gesammelt und aufgeschrieben. Ludwig Hofer sammelte schon als junger Mann alte Fotos und ruhte nicht eher, bis er die Namen der abgelichteten Personen kannte: Das kam ihm bei der Arbeit an seiner Chronik nun zugute. Und die beleuchtet alle Facetten seines Heimatortes: Die Gründungsdaten von Rieder und seinen Weilern. Jedes Hofanwesen wird mit allen Eigentümern und Vorbesitzern vorgestellt. Kirche und Schulen, Straßen, Bahnlinie und Infrastruktur, Land- und Forstwirtschaft und die Gewerbebetriebe werden beschrieben und ihre Geschichte erzählt. Einen großen Anteil haben darin die Mühlen und Sägewerke von Rieder, auf die Hofer näher einging: Die obere Mühle, eine Mahl- und Sägemühle, gehörte zur Vogtei Sulzschneid und wurde seit 1765 von der Familie Singer betrieben. Erst in den 1970er-Jahren wurde dort der Mahlbetrieb eingestellt und seitdem nur noch ein Sägewerk betrieben. Die untere Mühle gehörte zum Hochstift Augsburg und wurde 300 Jahre von der Familie Osteried betrieben, bis sie an die Familie Stocker ging, die sie 1895 an Andreas Singer verkaufte, den Sohn des Betreibers der oberen Mühle. Und die Hammerschmiede, für die seit 1650 verschiedene Eigentümer belegt sind (unter anderem ab 1745 Stephan Weyrauch, der sich mit Alchemie beschäftigte, mehrere Frauen geschwängert hatte und 1754 wegen Ehebruchs mit dem Schwerte hingerichtet wurde) und die 1928 von Josef Singer, dem Besitzer der damaligen oberen Mühle erworben wurde. Ludwig Hofer erzählte anschaulich von den wechselvollen Familiengeschichten der jeweiligen Müller, von Erbfällen und Schicksalsschlägen, von Bränden und Wiederaufbauten.

Viel Freude hatten die Zuhörer an den Episoden, die Hofer aus dem in den Jahren 1927 bis 1938 geführten Tagebuch des Oberlehrers Engelbert Hillinger, das in der Chronik abgedruckt ist, zitierte. Der hatte nicht nur Wetterkapriolen aufgezeichnet, sondern auch Todesfälle in der Gemeinde und die Geschichte einer rätselhaften Pferdeseuche: 1932 starben nacheinander 5 Pferde und ein Fohlen des jungen Joseph Singer an einer unbekannten Krankheit. Die Tiere kamen zu Fall, schlugen mit den Füßen, kamen aber nicht mehr auf. Sie fraßen noch eine Zeitlang im Liegen und verendeten. Der Oberdorfer Veterinär konnte keine Ursache finden und auch eine aus München herbeigerufene Kommission war ratlos. Singer versuchte alles: Er ließ mehrere Teufelsbeschwörer kommen und Franziskanerpadres aus Kaufbeuren, die den Stall segneten. Auch ein früherer Pfarrer von Bidingen, auf den Singer große Stücke hielt, konnte nicht helfen. So blieb ihm schließlich nur noch ein einziges Pferd, das nicht erkrankte.

Der Heimatverein Marktoberdorf, der die Veranstaltung organisiert hatte, war sehr erfreut über das große Interesse der Zuhörer, von denen die meisten aus Marktoberdorf kamen.

Text und Foto: Kornelia Hieber

 

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