Pestfriedhof
Sie segelte auf Schiffen von Asien zum Mittelmeer. Von dort reiste sie mit Händlern durch ganz Europa und zog mit Soldaten während des Dreißigjährigen Krieges in die entlegensten Gebieten ein – die Pest.
Der „Schwarze Tod“ brach 1349 in voller Wucht über Deutschland herein. Die Krankheit verlief rasch und fast immer tödlich. Um die Epidemie einzudämmen, wurden in vielen Gemeinden Europas Maßnahmen ergriffen: So erließ Oberdorf Mitte des 16. Jahrhunderts eine „Ordnung, wie es bei sterbenden Läuffen gehalten werden soll“. In ihr wurde festgelegt, dass jeder Hausbesitzer dieses rein zu halten habe und dazu verpflichtet war, es morgens und abends mit Wacholder auszuräuchern. Zudem mussten sich die Menschen von erkrankten Personen fern halten und bei einem Todesfall in der Familie 4 Wochen im Haus zu bleiben.
Der Meister (Abdecker), war dafür verantwortlich, die Toten in einer festgelegten Tiefe zu begraben. Dafür sollte er für jeden Erwachsenen 1 Gulden und für jedes Kind 2 Batzen sowie 1 Maß Wein erhalten. Er musste sich von anderen Bewohnern fernhalten, damit „niemand einen Ekel oder Schrecken vor ihm empfange“. Die Särge der Pestzeit waren einfache Truhen, mit senkrechten Wänden und nur mit einem Tuch überdeckt. Auf dem Kirchhof wurden die Leichen aus der Truhe gehoben und nebeneinander in ein Grab gelegt. Später ging man dazu über, die Leichen in Säcke einzunähen und mit einem zweiräderigen Karren zur Ruhestätte zu bringen.
Immer mehr Gemeinden legten dazu eigene Friedhöfe – Pestgottesäcker – an.
Auch Oberdorf hatte neben Bertoldshofen am Schlossberg und Leuterschach bei Sankt Mang seinen Pestgottesacker nahe Kohlhunden. Landrichter Fischer, gestorben 1890, beschrieb ihn wie folgt: „Der Pestgottesacker ist von einer niederen, ruinösen Bruchsteinmauer umschlossen und misst 17 Schritt im Geviert. Einige schöne, weitausladende Fichten stehen außen herum; 2 bilden am offenen Eingang an der Pestseite eine lebende Pforte. Drinnen stehen ein hölzernes Kreuz sowie ein eisernes Kreuz mit der neueren Inschrift: ’Wanderer, bete für die in den Jahren 1634 und 1635 an der Pest dahingerafften Seelen ein Vaterunser.’ Daran lehnt sich ein kleines Kreuz aus Sandstein, dessen Querbalken eine Inschrift getragen zu haben scheint; es konnte die Jahreszahl 1639 festgestellt werden.“
Errichtet wurde das Kreuz wohl nach der Pestepidemie der Jahre 1634 bis 1636, der von 1200 Oberdorfern 219 Erwachsene und unzählige Kinder zum Opfer fielen. Der Pestfriedhof selbst wurde wohl bereits während der ersten Epidemie 1349 angelegt, worauf ein Eintrag im bischöflichen Urbar 1366 deutet.
Da die Anlage in den folgenden Jahren immer mehr zerfiel, wurde sie 1913 aufwändig saniert. Dabei wurde die Umfassungsmauer wiederhergestellt und eine mit einem Bogen geschlossene Eingangspforte errichtet. Im Inneren wurden das Kreuz erneuert und durch Karl Fromm 1958 bis 1960 einige schmiedeeiserne Kreuze aus dem 18. und 19. Jahrhundert ergänzt. Die Kreuze stammen aus den umliegenden Friedhöfen der Gemeinden Ruderatshofen, Leuterschach, Sulzschneid und Marktoberdorf. 1992 erneuerte Alfons Kuhfuß das hölzerne Eingangstor nach einer alten Vorlage.
Um die Pflege des Pestfriedhofes kümmern sich heute die Stadt Marktoberdorf und der Heimatverein Marktoberdorf e.V.