„So jung und schon sterben müssen und hab noch nie in meinem Leben mich satt essen können.“ (Letzte Worte eines gefangengenommenen Bauernführers vor seiner Hinrichtung nach der Niederschlagung des Bauernaufstands.)

 

500 Jahre ist es heuer her, seit der sogenannte Bauernkrieg – ein Aufstand der Bauern, um ihre als ungerecht empfundene Abgabenlast und Bevormundung durch ihre Herrschaften abzuschütteln – niedergeschlagen wurde. Das Interesse der Öffentlichkeit an diesem Thema ist groß, finden doch heuer wegen des Jubiläums landauf, landab Vorträge, Theateraufführungen, Ausstellungen und Veranstaltungen dazu statt. Für den Heimatverein hielt Herbert Eigler einen Vortrag über den Bauernkrieg in und um Marktoberdorf der mehr als 150 Zuhörer in den evangelischen Gemeindesaal lockte. Herausgelöst aus dem Zusammenhang des gesamten Bauernkrieges hier die von ihm geschilderten Ereignisse:

Den Oberdorfer Bauern ging es nicht so schlecht wie denen, die Untertanen des Fürstabts von Kempten war, dennoch hatte sich ihre Lage seit Mitte des 15. Jahrhunderts verschlechtert: Missernten und Hungersnöte schmälerten ihre Ernten, ihre Abgaben dagegen stiegen, ihre Rechte wurden beschnitten und häufig wurden sie sogar zur Erntezeit zu Frondiensten verpflichtet. Als Martin Luther seine Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ veröffentlichte“, fühlten sich die Bauern zum Widerstand legitimiert. So versammelten sich auch in Oberdorf 8.000 Bauern unter ihrem Anführer Paulin Probst aus Ettwiesen. Sie forderten zunächst die Rückgabe einer offenbar beschlagnahmten Fahne und die Herausgabe der Kirchenschlüssel, was ihnen aber verweigert wurde. Am 24. Februar 1525, früher als in Memmingen, formulierten sie ihre Forderungen in Form der Allgäuer Artikel: die Abschaffung der Leibeigenschaft und des Todfalls, die Aufhebung des Zehnten, die Besoldung der Pfarrer durch die Gemeinden, Dienste nur noch für eine Herrschaft, die Erlaubnis zum Jagen und Fischen. Nach ihrem Zusammenschluss zum Allgäuer Haufen brachen sie die Kirche Stankt Martin auf, plünderten den Pfarrhof und die Getreidespeicher im Schloss (da hatte sich der Fürstbischof sicherheitshalber schon nach Dillingen zurückgezogen). Auch rund um Oberdorf marodierten die Bauern: Bernbeuren wurde im April 1525 zum Anschluss an die Aufständischen gezwungen, Burggen im Mai 1525 vom Allgäuer Haufen geplündert. Die Unterthingauer Bauern, die dem Kemptener Fürstabt untertan waren, beteiligten sich im April des Jahres an der Plünderung des Kemptener Klosters und verwüsteten das verlassene Unterthingauer Wasserschloss. In Ebenhofen dagegen ist kein Bauernüberfall überliefert, Sulzschneid war eine Vogtei der freien Leute, die Bauern in Bidingen ebenfalls Freie, so dass in diesen Orten keine Aufstände verzeichnet sind. Aitrang, Geisenried und Hattenhofen beteiligten sich nicht an der Bauernerhebung. Gegenspieler der Bauern waren die Landesherren, von denen es im Allgäu viele gab. Sie hatten sich zum Schwäbischen Bund zusammengeschlossen, der ein Söldnerheer unter der Führung des Georg Truchsess von Waldburg – genannt der Bauernjörg - gegen die rebellischen Bauern ins Feld schickte. Die Bauern waren sich uneinig und auch deshalb nicht schlagkräftig genug. Bei Leubas kam es im Juli 1525 zur Entscheidungsschlacht, vor der sich die rund 23.000 Bauern bei Nacht und Nebel heimlich davon machten. Am Kohlenberg bei Sulzberg kapitulierten sie endgültig. In der Folge wurden die Rechte und Pflichten von Untertanen und Obrigkeit neu geregelt, aber der sogenannte Martinszeller Vertrag enthielt nur wage Versprechungen, welche die Landesherren nicht einhielten. Reiterstreifen des Schwäbischen Bundes streiften für Jahre durchs Land, angeblich um rebellische Bauern zu finden, tatsächlich terrorisierten sie die Bauern, raubten sie aus und zündeten ihre Höfe an. Zahlreiche Anführer der Bauern wurden hingerichtet, Paulin Probst aber überlebte: Ihm war die Flucht in die Schweiz gelungen, aus der er nach Jahren zurückkehren durfte, weil die Stadt Zürich für ihn um Gnade gebeten hatte. Ab 1527 bewirtschaftete er einen Hof in Schwenden. 1550 wurde er hingerichtet, weil er nach dem Tod seines Sohnes einen Urfehdeschwur gebrochen hatte. Es wird geschätzt, dass bis zu 70.000 Aufständische von Soldaten und Henkern getötet wurden. Es sollte Jahrhunderte brauchen, bis die von den Bauern eingeforderten Freiheits- und Menschenrechte Grundrechte der Bürger wurden.

Dank seiner lebendigen Vortragsweise fesselte Herbert Eigler seine Zuhörer bis zur letzten Minute seines Vortrags. Als Schmankerl hatte Peter Herbst aus seinem Fotoarchiv Aufnahmen seines Onkels Ludwig Magnus Hotter mitgebracht, welche dieser für die Planung des wandgroßen Bauernkriegsfreskos in der alten Bahnhofshalle gemacht hatte. Stilecht kostümierte Marktoberdorfer hatten ihm Modell gestanden und nach deren Fotos hatte er 1943 sein Wandbild gestaltet.

Der Hausherr Pfarrer Klaus Dinkel freute sich über die große Publikumsresonanz. Er mahnte, kritisch zu bleiben, denn auch heute gebe es Ideen, Grund- und Menschenrechte einzuschränken.

Text: Kornelia Hieber

Foto: Peter Herbst

 

 

 

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